Anleihenmarkt 2023: Erholung auf breiter Front?

08
.
August
2023
·
Investieren und Geldanlage

Im ersten Halbjahr 2023 konnte sich der Anleihenmarkt auf breiter Basis gut entwickeln. Sowohl Staats- und Unternehmensanleihen sowie Anleihen aus Schwellenländern konnten vor allem im ersten Quartal gut performen. Auf Index-Basis legten US-Corporate Bonds in US-Dollar denominiert1 und mit guter Bonität etwa drei Prozent zu, während europäische Unternehmensanleihen und Nachranganleihen von Finanzdienstleistern um jeweils gut zwei Prozent zulegen konnten. Im Hochzinsbereich, bei sogenannten High-Yield-Anleihen, konnten US-Bonds über fünf Prozent gewinnen, das europäische Pendant um etwa vier Prozent. Aggregierte globale Indizes, die Staatsanleihen und Unternehmensanleihen in Euro zusammenfassen, legten ebenfalls über zwei Prozent an Wert zu. Doch auch Emerging Market Bonds in US-Dollar standen mit knapp über zwei Prozent auf der Gewinnerseite.

Erholung trotz Bankenkrise

Noch zu Beginn des Jahres erwarteten die Marktteilnehmer am Bondmarkt, auch bedingt durch die Krise amerikanischer Regionalbanken, für das zweite Halbjahr 2023 fallende Zinsen. Insgesamt zeigt sich aber, dass die Marktteilnehmer die nachhaltig restriktive Geldpolitik der meisten Notenbanken unterschätzt haben und ein Repricing der Zinserwartungen für das zweite Halbjahr erfolgte. Inwiefern die Geldpolitik der Notenbanken erfolgreich zur Geldwertstabilität beitragen wird, bleibt abzuwarten. Vor allem der weiter stabile Arbeitsmarkt in den USA schürt Sorgen, dass sich die mit den Zweitrundeneffekten2 verbundenen erhöhten Inflationserwartungen verankern könnten. Die Inflationsraten sind zwar rückläufig, doch die Kerninflation notiert in Teilen weiterhin deutlich über den Zielraten der Notenbanken. Die Break-even-Raten3, die ein gängiger vorlaufender Indikator für zukünftige Inflationsentwicklungen sind, handeln langfristig jedoch nahe der Zielmarken der Notenbanken.

Schwache Indizes, starke Schwellenländer-Währungen

Durch den Renditeanstieg im zweiten Quartal drehte der deutsche Rentenindex, kurz REXP, wieder leicht in die Verlustzone und auch die Performance von US-Treasuries (Total Return unhedged in US-Dollar) verringerte sich auf etwa 1,5 Prozent. Positiv hingegen trägt die Einengung der Kredit-Risikoprämien zum Gesamtbild bei. Die Prämien für Credit Default Swaps4 im Euroraum für Investmentgrade- und High Yield-Bonds sind seit Jahresbeginn rückläufig. Auch auf Basis von Branchen-Indizes wurden durchweg positive Wertentwicklungen erzielt. Sogar der gebeutelte Immobiliensektor (IBOXX EUR Real Estate) legte 2023 um 2,3 Prozent zu. Bedingt durch den Renditeanstieg konnte sich jedoch kaum ein Fixed-Income-Index im zweiten Quartal positiv entwickeln. Auf der Währungsseite ist die Entwicklung einiger Währungen aus Schwellenländern in Lateinamerika wie etwa der mexikanische Peso oder der brasilianische Real mit teils zweistelligem Gewinnen positiv. Dazu kommen positive Effekte durch hohe Zinsgewinne. Der Großteil der G10-Währungen wie der US-Dollar zeigen sich gegenüber dem Euro dieses Jahr schwach.

Rezession: Die inverse Zinskurve ist da, mehr aber auch nicht

Was bei der aktuellen Lage auffällt, ist, dass die Zinsstrukturkurven für die USA und die meisten Märkte in Europa mit ihrer Inversität5 eine Rezession einpreisen, diese bei den rückläufigen Credit Spreads6 von Investment-Grade- und High-Yield-Anleihen jedoch nicht erkennbar ist. Auch die aktuellen tatsächlichen Ausfallraten bei amerikanischen Hochzinsanleihen notieren langfristig betrachtet auf niedrigem Niveau. Bei Unternehmenspapieren erzielen Investoren zwar nominal eine höhere Rendite, jedoch mehr aufgrund des allgemein gestiegenen Zinsniveaus und weniger aufgrund der Kreditrisikoprämien.

Die durchschnittlichen Ablaufrendite des Anleihen-Portfolios zum Stichtag 31.10.2023 mit einer durchschnittlichen Laufzeit von 2,84 Jahren ist variabel; ein vorheriger Verkauf einzelner Positionen ist möglich. Die zum Stichtag ausgewiesene Verzinsung ist kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung. Die Rendite nach Kosten (Nettorendite) beträgt 4,30%; ab einer Anlagesumme von >100.000 EUR 4,44%. Die Kosten wirken sich entsprechend renditemindernd aus. Die Kapitalanlage ist mit Risiken verbunden. Der Wert Ihrer Kapitalanlage kann fallen oder steigen. Es kann zu Verlusten des eingesetzten Kapitals kommen. Frühere Wertentwicklungen, Simulationen oder Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für die künftige Wertentwicklung. Bitte beachten Sie hierzu unsere Risikohinweise.

Duration: Long ja, aber…

Im aktuellen Marktumfeld sind Investoren so stark in lang laufende Anleihen wie seit 2010 nicht mehr investiert. Gleichzeitig notieren aber auch die Short-Positionierungen über Zinsderivate7 auf Langzeithoch. Dies könnte dahingehend interpretiert werden, dass die Marktteilnehmer länger laufende Bonds halten, jedoch aktuell die Durations-Risiken8 weiterhin als bedeutsam einschätzen und entsprechend dieses Risikos sich durch Hedges absichern. Die implizierten Volatilitäten für Ein-Monats Treasury-Optionen9 handeln langfristig betrachtet ebenso auf hohem Niveau und über dem Median der letzten 30 Jahre. Während vor allem in Investment-Grade-Fonds massive Zuflüsse verzeichnen konnten, sahen High-Yield-Fonds leichte Abflüsse im ersten Halbjahr 2023.

Was erwartet den Anleihenmarkt im zweiten Halbjahr?

Investoren können für das zweite Halbjahr positiv gestimmt sein. Anleihen bieten mittlerweile eine echte Konkurrenz zu anderen Asset-Klassen. Das Verhältnis zwischen der Gewinnrendite von Aktien anhand des reziproken Kurs-Gewinn Verhältnisses (KGV) und der Renditen von US-Staatsanleihen hat sich seit langer Zeit wieder stark angenähert. Kurzum: Die Gewinnrenditen von Aktien ähneln aktuell denen der Anleihen. Potenzielle Rezessionsszenarien könnten dazu führen, dass sich die Kredit-Risikoprämien ausweiten. Die Notenbanken könnten sich gezwungen fühlen, die restriktive Geldpolitik wieder zu lockern. Dies wiederum eröffnet Chancen durch sinkende Renditen auf der Durationsseite. Anleger sollten daher das aktuelle Zeitfenster nutzen, um sich die attraktiven Nominalrenditen langfristig zu sichern. Diese betragen im breiten Durchschnitt für europäische Qualitätsanleihen um die vier Prozent, für Hochzinsanleihen über sieben Prozent, für amerikanische Qualitätsanleihen über fünf Prozent und für Hochzinspapiere über acht Prozent. In Asien sind derzeit sogar Renditen von über 12 Prozent im Hochzinsbereich zu erzielen.

Glossar

  1. Denominierung: Die Festlegung der Währung einer Anleihe.
  2. Zweitrundeneffekte: Unter Zweitrundeneffekten versteht man Preiserhöhungen als Reaktion auf vorangegangene Kostensteigerungen. Beispielsweise, wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften auf die gestiegene Inflation reagieren und deswegen höhere Löhne vereinbaren.
  3. Break-Even-Rate: Dieser Inflationsindikator zeigt die erwartete Entwicklung der Inflation über einen bestimmten Zeitraum, abgeleitet von US-Staatsanleihen mit derselben Laufzeit. Der letzte Wert impliziert die Markterwartung für die durchschnittliche Inflation der kommenden 2, 5 oder 10 Jahre.
  4. Credit Default Swap: Ein Derivat, das Ausfallrisiken von Krediten oder sonstigen Schulden absichern soll.
  5. Inversität (der Zinskurve): Die Zinskurve ist invers, wenn langlaufende Anleihen geringere Renditen aufweisen als kurzlaufende Anleihen. Dieses Szenario gilt als Rezessionsindikator.
  6. Credit Spread: Drückt die Einschätzung der Marktteilnehmer über das der Anlage inhärente Ausfall- und Bonitätsrisiko des Kreditnehmers, Emittenten oder Kontrahenten aus und ist das Ergebnis eines Preisbildungsprozesses am Kapitalmarkt.
  7. Zinsderivate: Das Zinsderivat ist ein Derivat, dessen Basiswert ein Zinssatz, ein Zinsindex oder ein zinstragendes Finanzprodukt ist.
  8. Durationsrisiko: Darunter versteht man das Risiko, dass der Kurs einer Anleihe fällt, wenn die Zinssätze steigen.
  9. Treasury-Optionen: Bondoptionen sind Derivate. Eine Bondoption ist das Recht, ein festverzinsliches Wertpapier zu einem bestimmten Zeitpunkt zu vorher vereinbarten Konditionen zu kaufen oder zu verkaufen.
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